Wer nach Tettnang fährt, sieht es sofort: das Schloss der Grafen Montfort. Bestens renoviert mit hochwertiger Ausstellung und schönem Park drumherum. Mehrere Jahrhunderte regierte die Grafenfamilie von hier aus die umliegende Gegend. Diese Gegend war jedoch, leider Gottes, zu klein: die Grafen waren reichsunmittelbar. Das bedeutet: sie mussten direkt an den Kaiser Steuern zahlen und zwar nicht zu knapp. Diese Mittel flossen in der kleinen Grafschaft einfach nicht in ausreichendem Maße in die Kassen. In ihrer Not kamen die Grafen auf eine Idee, die sie für gut hielten:

Geld, das man nicht hat, kann man doch einfach herstellen!

Die Montforter hatten das Münzrecht und nutzten es weidlich zu inflationären Produktion von Zahlungsmitteln – sie panschten das Silber, aus dem die Münzen gemacht wurden, sie stellten einfach sehr große Mengen her, fälschten unter Umständen auch (in Langenargen, das zur Grafschaft gehörte, wurde zum Beispiel mal der Konstanzer Pfennig gefälscht). Man braucht keine Ökonomieprofessur, um sich vorzustellen, dass das nicht lange gut gehen konnte. Das Geld kam zunehmend in Verruf und wurde in bestimmten Gegenden gar nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert. Diese Gegenden kehrten zur Tauschwirtschaft zurück und zwar gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts!

Diese Geschichte wollen wir im Seminar gemeinsam erforschen und mit den Objekten des Tettnanger Museums vor Ort ausstellen, zu denen nicht nur die inkriminierten Münzebn, sondern auch ein Inflationsschrank der Bäckerinnung von 1925 sowie das Sparbuch des letzten Montforter Grafen von 1975 zählen. Unsere Ausstellung wird Teil der Neugestaltung der Dauerausstellung des Tettnanger Museums sein, darf also auf eine gewisse Nachhaltigkeit hoffen.

Das Seminar ist zweisemestrig angelegt. Wünschenswert ist die Teilnahme an beiden Seminaren – diesem, das Geschichten und Objekte erarbeitet und dem zweiten, das im kommenden Semester die Ausstellung selbst erarbeiten wird. Eröffnung ist dann Oktober 2020.

Besonderheit des Projektes ist, dass es in direktem Austausch mit den Bürger*innen von Tettnang entwickelt wird (co-creation) und einem bestimmten methodischen Prozess unterliegt (design thinking).